Die weiße Frau im Burgberg bei Gehrden

Mythen und Sagen

Nach einer Auslegung der Sage ist das Schloß auf dem Gehrdener Berge eines Tages in der Erde versunken, und heute sieht man auf dem Burgberg nur noch wenige Mauerreste und Erdwälle. Dort wohnte eine schöne und sehr reiche Prinzessin. Alle Leute hatte sie gern, weil sie so freundlich war und ihnen viel Gutes tat. Doch eine böse, alte Hexe, die in der Nähe wohnte, war so neidisch auf die Prinzessin, daß sie diese verwünschte, und damit versank das ganze Schloss mit allen seinen Bewohnern in der Tiefe. Doch alle hundert Jahre kommt die Prinzessin in der Johannis-Nacht aus dem Berge hervor. Nur ein junger, tugendhafter Mann vermag sie zu erlösen und von ihrem Bann zu befreien. Er muß jedoch mit einem fürchterlichen Drachen kämpfen und diesem den Schlüssel zum Schloß aus dem Mund reißen. Gelingt ihm dies, erlöst er die Prinzessin und sie wird seine Braut.

An einem solchen Johannisabend, als gerade wieder hundert Jahre vergangen waren, hütete ein junger Schäfer seine Herde auf dem Gehrdener Berg. Da stand plötzlich eine wunderschöne Jungfrau vor ihm und bat ihn sehr, sie um Mitternacht zu erlösen. Der Schäfer verprach es, und als die Uhr zwölfmal vom Kirchturm schlug, war er wieder auf dem Berg. Da stand nun ein wunderschönes Schloß, aber davor lag ein gräßlicher Drachen mit dem Schlüssel im feuer-speienden Maul. Der Schäfer bekam Angst und floh, so

Burgberg Gehrden

schnell ihn seine Füße tragen konnten, den Berg hinab. Die Prinzessin aber rief ihm wehklagend nach: "Oh weh, oh weh! Hundert Jahre lang komm ich nun nimmermehr!" Dann war sie mitsamt dem Drachen und dem ganzen Schloß wieder in der Tiefe versunken.

Quelle: Die schönsten Sagen aus Hannover und Umgebung
von Helmut Zimmermann