Die Sage von der Alten Taufe nach Bock |
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In einem dieser Kämpfe war Lutter unterlegen. Nun mußte er seine Tochter, seine einzige Tochter, hergeben. Von da an war er noch blinder in seinem Haß gegen die Christen. Seine Wut kannte keine Grenzen, dachte er doch nicht anders, als daß die Sieger sein einziges Kind getötet hätten, wie er es tat! Das war aber nicht so. Die Christen unterrichteten seine Tochter in der Lehre des Christentums und bekehrten sie. Der Vater aber hörte nichts wieder von ihr. So erfuhr er auch nicht, daß sie verheiratet war und einen erwachsenen Sohn hatte.
Auf einem seiner Streifzüge im Deister nahm Lutter nun eines Tages zwei Männer, Vater und Sohn, gefangen. Er kannte sie nicht, und sie kannten ihn nicht. So wußte er auch nicht, daß sie sein Schwiegersohn und sein Enkel waren. Lutter wollte, wie immer, die beiden Männer zwingen, Wodan anzubeten. Die aber weigerten sich und sprachen: "Christus, Sieger, gib Gnade den Heiden und mir!" Ergrimmt über diesen scheinbaren Trotz tötete Lutter seinen Schwiegersohn auf dem Blutsteine. Dem Jüngling wollte er noch Bedenkzeit geben, denn dessen Gesichtszüge erinnerten ihn sehr an seine Tochter.
Weil er aber standhaft blieb und sich nicht in seinem Glauben erschüttern ließ, sondern nur sprach: "Christus, Sieger, gib Gnade den Heiden und mir!" schleppte er ihn auch zu dem Blutstein in seinen Burghof und tötete ihn auch.
Als Lutters Tochter von dem Schicksal ihres Mannes und ihres Sohnes erfuhr, machte sie sich in unsäglichem Schmerz auf zu ihrem Vater. Sie ging in die Burg hinein. Am flackernden Herdfeuer, auf Bärenfellen liegend, fand sie ihn. Zwei gewaltige Hunde, die zu seinen Füßen gelegen hatten, sprangen mit wütendem Geheul auf sie zu.
Sie fuhr zusammen und blieb leichenblaß stehen. Mit drohender Gebärde erhob sich der Vater und trat auf sie zu. Aus seinen Augen blitzte grausame Wut, als er das Kreuz auf ihrer Brust erkannte. Abwehrend, mit erhobenen Händen, rief das geängstigte Weib aus: "Christus, Sieger, gib Gnade den Heiden und mir!" Dann brach sie zusammen. An der Stimme und im plötzlich heller aufflammenden Lichtschein des Herdfeuers erkannte der Vater seine Tochter . Wortlos umschlang er sie mit seinen Armen und legte sie sanft auf ein Ruhebett. Er wußte, von wem er diese Worte schon gehört hatte! Er wußte plötzlich, wen er injenen beiden Männern getötet hatte. Er fühlte das Walten des wahren Gottes. Lutter erkannte jetzt, daß er die Christen zu Unrecht verfolgte und faßte den Entschluß, selbst Christ zu werden. Er ließ sich auf dem Stein, auf dem er seine vielen unglücklichen Opfer hingerichtet hatte, taufen. So wurde aus dem Opferstein ein Taufstein. Das am nordwestlichen Deisterabhang liegende und heute mit Bantorf vereinte Dorf Luttringhausen soll nach Lutter benannt sein.
Quelle: "Über den Deister gehn" von Udo Mierau und Gudrun Wildhagen