Die Entstehung der Porta Westfalica

Porta Westfalica
Mythen und Sagen

Der letzte Gebirgswall welcher sich quer vor die nordwärts strebende Weser lagert ist das Wesergebirge, westwärts auch Wiehengebirge geheißen. Hier durchbricht der Strom das Felsgestein an der Westfälischen Pforte, welche im Volksmund die Weserscharte genannt wird. Erst jenseits dieses Felsentores hat der Strom freien Auslauf bis hin zur Nordsee. In alten Zeiten aber, so erzählen die Leute, war dieser Abfluß noch gar nicht vorhanden. Die Weser mußte ihr Wasser durch das Tal der Wallücke im Wiehengebirge zwängen.

Damals fiel es dem Teufel ein, er wollte die Leute im ganzen Wesertal unter seine Fuchtel bringen. Also quälte und drangsalierte er die Anwohner, hatte aber wenig Erfolg damit, denn schon immer wohnten hierzulande fromme und gottesfürchtige Leute. Da ersann er ein neues Mittel, aus dem südlichen Bergland schleppte er gewaltige Felsbrocken herbei und dämmte damit die Schlucht der Wallücke ab. Die auflaufenden Wassermassen hatten nun keinen Abfluß mehr und stauten sich vor dem Gebirge, stiegen und breiteten sich aus, überspülten die Dörfer, die Hügel und bildeten einen gewaltigen See. Vor dieser Sintflut flohen die Menschen in die Gebirge, und viele fanden ihren Untergang in den Fluten. Aber immer noch wollten sie nicht den Teufel anbeten sondern flehten in ihrer Not zu Gott, er möge ein Einsehen haben und den Bösen in seine Hölle zurückverbannen. Da jammerte den Herrgott das Elend seiner Getreuen. Er erhörte ihr Flehen und ließ ein gewaltiges Unwetter aufkommen. Die gequälten Talbewohner auf ihren Bergspitzen glaubten nun hätte ihr letztes Stündlein geschlagen und die Welt würde untergehen mit Mann und Maus.

Doch es geschah alles dieses zu ihrem Heil denn ein Blitz fuhr hernieder und spaltete mit furchtbarem Donnerschlag das Gebirge und öffnete eine klaffende Klamm durch welche das Wasser wieder abziehen konnte gleich dem Rauch im Kamin. Langsam stiegen die Hügel wie Inseln wieder aus den Fluten, die Felder und Häuser traten hervor, und die Weser kehrte zurück in ihr Bett. Hinfort aber strömten ihre Wasser durch die neue Weserscharte nordwärts, und so entstand die Westfälische Pforte.
Da mußte der Teufel denn freilich einsehen er habe sein Spiel verloren. Trotzdem versuchte er sich an einem zweiten Stück, packte im Südland einen ganzen Berg auf seine Schultern und wollte damit den neuen Abfluß verstopfen. Doch diesmal hatte er seine Kraft überschätzt, und als er mit seiner Sündenlast über die lippische Grenze flog, da rann ihm der ganze Huckepack aus dem Sack und schüttete sich zu einem großen Berge auf. Bei dem Gepolter und Geschmeiße geriet der Verlocker mit Horn und Huf selber unter seine Last und wurde darunter begraben, darum nennt man diesen Berg hierzulande die Velmerstod, was so viel wie Teufelstod bedeuten soll.

Noch heute mag der Böse darunter sitzen, vergraben unter der eigenen Last, und zuweilen poltert er los und rumort, daß den Anwohnern Angst und Bange wird. Aber er kommt da nicht wieder heraus und bleibt in dem Berge gebannt bis an den Abend aller Tage.

Quelle: Die schönsten Wesersagen von Karl Paetow