Herzog Wittekind am Wedigenstein

Porta Westfalica
Mythen und Sagen

Nach den Unglücksschlachten und dem Verlust von Osnabrück war Wittekind ein Flüchtling im eigenen Land. Nur wenige Burgen und Schlupfwinkel blieben in seiner Gewalt. Zu jenen Tagen versteckte der Herzog die Seinen in einem steinernen Burgbau, welchen er für den schlimmsten Notfall unter dem Wedigenstein erbaut hatte. Es ist dies wohl der einzige Wehrbau aus Stein den die Sage den Sachsen zuschreibt, denn üblicherweise wohnten die Germanen dazumal lieber in Holzhäusern, und auch ihre Volksburgen waren von Holz umwehrt. Aber hier, am Weserdurchbruch oberhalb von Minden, mochte ein festerer Schutzbau schon zweckmäßig sein.

In jenen Tagen barg sich der Herzog auch gern in einer Grotte, welche bei Wallücke damals noch tief in den Berg führte und den Feinden nicht bekannt war. Hier traf er sich wohl heimlich mit seinen Schwertbrüdern, und sie spannen neue Fäden und rüsteten neue Anschläge. Da Wittekind nun von einer solchen Ausfahrt zurück nach dem steinernen Waldhaus ritt, und er vorsichtig durch den Wald pirschend seiner Wohnung näher kam, schlug ihm eine Wolke von Brandgeruch entgegen.

Verhallender Kampflärm ließ ihn nichts Gutes ahnen, aber schon stand er in einem Ring spitzer Schwerter und Spieße. Und noch ehe der Sachs aus der Scheide fuhr, lag Wittekind gebunden am Boden. An seinen Ketten zog der fränkische Hauptmann den Herzog nun in den Burghof. Da lagen sie alle, der Burgvogt, die treuen Schwertgenossen, tödlich getroffen. Mit welcher List mochten die Franken sie überrumpelt haben?
Tränenlos starrte der Herzog auf das grausame Schauspiel, dann warf er den Kopf in den Nacken: "Wo habt ihr Geva, mein Weib, und die Kinder?" Der Franke zuckte mit den Achseln. So konnte der Gefangene hoffen, daß sie durch den heimlichen Gang unter der Weser entschlüpft und geborgen wären.
"Wir wähnten dich am Hofe des Dänenkönigs", höhnte der Hauptmann, "und nun zappelt der Hase in der Schlinge, und der rote Hahn zerkräht ihm das Nest."
"Ist es am Hofe Karls üblich, dem zu spotten, der seine Freiheit nicht missen mag?" fragte Wittekind. "Nur Sklavensinn kann einen Unglücklichen verhöhnen." Da wandte der Hauptmann sich ab, denn er wußte keinen Widerspruch.

Quelle: Die schönsten Wesersagen von Karl Paetow